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Kein Kult mehr beim Club

So, der musste mal sein (die Überschrift ist gemeint), schließlich möchte ich mich irgendwann auch mal selbst bei der Alliteration der Woche zitieren können.

Kein „Kult“(-trainer) also mehr beim Club.

Die Beileids- und Bedauernskundgebungen überschlagen sich gegenseitig, wie kann man nur einen Hans Meyer (so, als wäre es weniger schlimm, wenn man zwei Hans Meyers feuerte) feuern, einen, der so viel geleistet hat für den Club, einen, der noch dazu immer so witzig war, der immer gegens Establishment kämpfte. Hans Meyer, das einzig noch lebende Ex-Mitglied von Rainer Langhans‘ Kommune 1.

Wie man liest, kamen seine Ansprachen nicht mehr so wirklich gut beim Team an, und das muss doch das Entscheidende bleiben: Wie ich andernorts schon las, könnte es von Vorteil sein, wenn einen die Journaille (abgesehen von FOTO) mag. Wichtig bleibt aber auffem Platz, und auffem Platz spielen immer noch seine Spieler. Seine arrogante, durchaus ungerechtfertigt überhebliche Art — was hat Hans Meyer schon geleistet, außer ein, zwei drei Meisterschaften oder Pokalsiege in einer Liga auf Regionalliganiveau — gepaart mit einer Art, bei der niemand mehr weiß, wann er Ironie benutzt und wann er gerade ernsthaft spricht, kann bei Fußballern, und seien wir auch im Jahr 2008 und fast alle haben es geschafft, sich bis zum Abitur durchzumogeln, nicht dauerhaft ankommen.

Anders wäre das natürlich, wenn er die Hobbymannschaft von Monthy Python oder gar der deutschen Journalistenschar trainiert hätte, dann wären seine Interviews und Halbzeitansprachen durchgehend mit Applaus versehen worden, die Spieler hätten geschmunzelt und wären ein wenig besser gelaunt in die zweite Halbzeit gegangen. Bei Fußballprofis, deren kultureller Geschmack schon bei der WM mit der Auswahl von Jar Jar Binks Xavier Naidoo als zuständigem Trällermeister deutlich als nichtvorhanden zu Tage trat, darf man aber nicht damit rechnen, dass Humor, der über Paola und Kurt Felix hinausgeht, auch als solcher erkannt wird.

Es scheint, als hätte sich Hans Meyer das falsche Metier ausgesucht. Wäre er Trainer im Hockeysport mit seinem mehrheitlich akademischen Publikum, würde er heute noch als Kandidat für den Bundestrainerposten gehandelt. Bei all seinen rhetorischen Leistungen und Ausfällen darf man eben nicht vergessen: Wichtig ist und bleibt allein die Zielgruppe. Obwohl er über diese hinausgeschossen ist, braucht man dennoch nicht zu füchten, dass wir Hans Meyer schon los sind. Das nächste Hamburg, Dortmund, Berlin, oder wer sonst gerade mal von den Unwägbarkeiten des Einflussfaktors Zufall in den Abstiegskampf gezwungen wird, wartet schon an der drittnächsten Ecke und wir sind gespannt darauf, wann es wieder heißt:

Vorhang auf in der Rhetorik- und Abkanzelshow von Meyer, dem unermüdlichen Besserwisser.

9 Kommentare

  1. Ja, kann man durchaus so sehen.

    Was aber die meisten Leute vor allem aufregt ist ja vor allem die dilettantische Art und Weise, wie die Nürnberger den Meyer entlassen haben. Das war nun mal unter aller Kanone und für einen professionell geführten Wirtschaftsbetrieb einfach mal unwürdig.

  2. Ja, kann man durchaus so sehen.

    Woher weißt du jedoch, wie Hans Meyer mit den von ihm Trainierten in der Kabine gesprochen hat? Vom Boulevard? Ich konnte ihn irgendwann auch nicht mehr sehen und hören, aber meinst du nicht, dass Meyer-Öffentlichkeit und Meyer-Mannschaft zwei Paar Fußballschuhe waren? Ist das Verhältnis Trainer-Medien ausschlaggebend für eine Trennung? Wenn nicht, warum wird der bei aller Kasperei immer Bescheidenheit mahnende Pokalsiegercoach 15 Spieltage vor Saisonende mit zwei Punkten Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz so unelegant hinausbefördert? Um noch in den Uefa-Cup zu rasen?

    Mal ganz abgesehen vom Menschen Meyer bleibt es eine unrunde Geschichte.

  3. Ich glaube ja, das kommt alles von diesem Wolfsburg-Fleck auf deinem Auge.

  4. Ach Gott, der Hans. Jetzt wird er wieder im DSF seine platten Spitzen, seinen eloquenten Verbalterrorismus an Mann und Frau bringen dürfen.

  5. Nürnberger Nürnberger

    Kein Kult mehr? Hans Meyer wird den „Kult“status in Nürnberg nicht verlieren – dieser Status wird ihm erhalten bleiben!!!

  6. Daß Hans Meyer lange Jahre im DDR-Fußball gewirkt hat und deshalb nicht die (internationalen) Erfolge anderer, westdeutscher Trainer aufweisen kann, kann man ihm nicht zum Vorwurf machen.

    Neben seiner außendarstellung bleibt für mich die Fähigkeit, am Boden liegenden Mannschaften durch ein modernes Spielsystem zum Erfolg verholfen zu haben. Die Ernsthaftigkeit sines Tuns kam in einigen Interviews, die fernab jeglicher Ironie waren, sehr deutlich zum Vorschein. So fand ich seine Gedanken zum Fußball im eingegangenen Rund-Magazin sehr interessant und mit das beste, was ich von prominenter Stelle gelesen habe.
    Daß er einige Spieler mit seiner Art überfordert hat, will ich gar nicht bestreiten (auch wenn es Spekulation bleibt), ebenso wenig, daß es für den einen oder anderen Spieler sicher problematisch war, den Trainer als Star vor sich zu haben. Daß viele Journalisten eher an Pointen denn einer fundierten Spielanalyse interessiert waren, ist auch nur indirekt sein Problem.

  7. Go, Stadtneurotiker, go!

  8. Haffze Haffze

    Ein Nachtrag zum Thema Hans Meyers Titel:

    Ich halte es ganz mit meinem Vorredner Stadtneurotiker.
    Außerdem finde ich es sehr schade, dass sie sich bemüßigt fühlen, ihrer persönlichen Abneigung gegen Hans Meyers (zuweilen überzogene) Rhetorik seine Arbeit und damit den Fußball in der DDR herabzusetzen. Immerhin haben sich Carl Zeiss Jena, Dynamo Dresden, der 1.FC Magdeburg, Lok Leipzig oder der BFC Dynamo Berlin in den 70ern und 80ern regelmäßig im oberen Mittelfeld oder sogar in der Spitze der internationalen Wettbewerbe blicken lassen. Magdeburg hat sogar einmal so ein Ding mit nach Hause gebracht. Wäre das nicht schön, wenn das die Regionalliga ab und zu mal täte? Stellen sie doch bitte nicht ihre persönliche Abneigung gegen die interviewte Person über die objektive Beurteilung der Arbeit des Trainers. Und die war auf allen seinen Stationen stets sehr gut, egal ob in Jena, Enschede, bei Hertha oder jetzt in Nürnberg. Überall hat er sportlich gesunde Mannschaften hinterlassen, die er zum Teil aus prekären Situationen in sicheres Fahrwasser oder sogar zu Titelgewinnen geführt hat. Wenn sie sich fragen, warum zu seinen DDR-Titeln „nur“ noch ein Pokalsieg mit Nürnberg gekommen ist, dann zählen sie mal die Ostdeutschen Trainer in der Bundesliga, die nicht in Cottbus, Dresden oder Leipzig engagiert waren. Das war schlicht ein Problem fehlender Lobby und nicht etwa mangelnder fachlicher Kompetenz. Es spricht gegen die Weitsichtigkeit der Vereinsfunktionäre, dass er sich über den Umweg Holland empfehlen musste, um als Trainer wahr- und ernstgenommen zu werden.

    Ach ja, woher wissen sie eigentlich, wie beim Training und in der Halbzeit geredet wurde? Und ich habe festgestellt, das Hans Meyer auf seriöse fachliche Fragen durchaus auch sachlich und mit großem Fachwissen geantwortet hat. Die ironischen Spitzen und patzigen Antworten auf bescheuerte Fragen sind in erster Linie das Problem der Journalisten, nicht das Hans Meyers.

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